Hollywood für die Zunge


Gerade wurden in Hollywood die Oscars verliehen. Verblüffenderweise gibt es einen Zusammenhang zwischen Hollywood und Orangen. Orangensaft gilt als Symbol für Frische und Gesundheit. O-Saft war einst Amerikas Heilmittel für alle Fälle und schwappte um die Welt. Seit den 1920er Jahren werden Vitamine propagiert. Der US-Erzeugerverband Sunkist startete damals eine Kampagne, täglich Orangensaft zu trinken, »um Vitamine, seltene Salze und Säuren aufzunehmen.« Gleichzeitig warnte man vor müde machender Übersäuerung, die durch Fleisch, Eier und Brot hervorgerufen werde. Dagegen solle man Unmengen Zitrusfrüchte und Salat essen. Aber was ist mit der Säure in Zitrusfrüchten? Im Magen werden sie ins Basische verwandelt, hieß es seinerzeit … aha!

Doch wie kommt der Orangensaft in die Supermärkte? Die Methoden beschreibt die Agrarwissenschaftlerin Alissa Hamilton: Orangen werden gepresst und der gewonnene Saft in gigantischen Tanks abgefüllt. Hier entzieht man dem Saft den Sauerstoff, was ihn für mehr als ein Jahr haltbar macht. Bei diesem Vorgang geht allerdings auch das köstliche Aroma verloren. Safthersteller lagern also im Prinzip ein unverkäufliches Produkt – ein Saftladen! Dem schalen, sauerstofffreien Orangensaft wird Aroma erst beim Abfüllen zugesetzt. Die Aromen werden zwar aus Orangenschalen hergestellt, sind aber selbst nach Ansicht ihrer Produzenten »mit nichts zu vergleichen, was in der Natur zu finden ist.«

Wer glaubt, dass man das Gleiche bekommt, egal ob man eine Orange frisch presst oder Orangensaft im Supermarkt kauft, dürfte enttäuscht sein. Es ist kein Problem, natürliche Aromastoffe aus biologischen Produkten zu gewinnen und somit auf »Naturpfaden« zu wandeln. Für die Industrie ist das aber schlichtweg zu teuer. Ein Kilogramm natürliches Aroma kostet ca. 600 Euro, ein Kilogramm synthetische Aromastoffe nur 15 Euro. Selbst das Vitamin C ist oft nachträglich wieder hinzugefügt.

Damit der Kunde nicht von der ganzen Chemie abgeschreckt wird, werden die synthetischen Inhaltsstoffe nett umbenannt. Kaum ein Verbraucher hinterfragt den Wirrwarr aus beamtensprachlichen Bezeichnungen auf den Verpackungen. Assoziationen in Richtung Natur reichen oft genug, um Kunden vom Kauf des Produkts zu überzeugen.

Heilpraktiker René Gräber: »Für mich ist dieser industriell gefertigte Orangensaft nichts anderes als Hollywood für die Geschmacks᠆knospen …«

Die Biolumnisten folgen da lieber Prokofjew und lieben die »drei Orangen«. Wenigstens die Musik ist unverfälscht.


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