Es ist ein großes Konzert, das die Hormone lebenslang in uns spielen. Ihr Auftreten ändert sich rhythmisch in der Zeit. Ständig finden sie im Körper in wechselnden Verhältnissen zueinander. Dem überlagert tritt manchmal eines dominierend hervor.
Durchaus nicht alle Hormone stammen aus Drüsen. Das Fettgewebe etwa hat sich als wichtiger Bildungsort entpuppt, das Hormone über das Blut zu anderen Zellen und Organen schickt. Und lokal tauschen einzelne Zellen, wie Leukozyten, Gewebshormone genannte Substanzen aus. Was sind das für wundersame Verbindungen, die chemische Kommunikation ermöglichen? Sie sind gar keine Exoten. Viele werden aus Aminosäuren gebildet. Entweder werden einzelne chemisch modifiziert, wie beim Adrenalin oder mehrere verbinden sich zu einem Peptid, wie etwa beim Insulin. Die Muttersubstanz anderer ist Cholesterin. Deshalb werden sie Steroide genannt. Dazu gehören Cortisol, die Sexualhormone und selbst das Vitamin D. Schließlich leiten sich etliche von Fettsäuren ab, wie zum Beispiel viele Gewebshormone.
Nur wenn eine Zelle einen entsprechenden Rezeptor besitzt, kann ein Hormon auf sie wirken. Oft besitzen Zellen verschiedener Organe für dasselbe Hormon unterschiedliche Rezeptoren. So können Hormone an verschiedenen Orten durchaus gegensätzlich wirken. Doch selbst eine einzige Zelle kann für das gleiche Hormon mehrere Rezeptortypen besitzen. So ergibt sich allein für ein Hormon eine ganze Klaviatur! Und es wirken gleichzeitig verschiedenste Hormone auf eine einzige Zelle, was ihre konzertante Wirkung ergibt.
Die Rezeptoren sind Proteine. Für Steroide, die die Lipidbarriere einer Membran durchdringen, befinden sie sich in der Zelle. Doch für die Hormone, die gut wasserlöslich sind – und das sind die meisten – durchspannt der Rezeptor die Zellmembran. Sein Bindungsort ragt aus der Zelle heraus und dort dockt das Hormon auch an. In beiden Fällen werden im Zellinnern Kaskaden ausgelöst, bei denen ein Faktor den nächsten aktiviert. Dabei wird die Botschaft weniger Hormonmoleküle dramatisch vervielfältigt. Am Ende der Kette löst das unterschiedlichstes Geschehen aus: viele Hormone beeinflussen die Ablesung von Genen. Auf diese Weise kommt die Bildung von neuen Proteinen in Gang. Andere Kaskaden beeinflussen vorhandene Proteine, darunter viele Enzyme, in Aktivität und Funktion. So regeln Hormone auf vielen Ebenen die Prozesse, aus denen unser Leben besteht: Embryonalentwicklung und Fortpflanzung ebenso wie unser Wachstum, Stoffwechsel oder Stressreaktionen. Und selbst unsere Gefühle und unser Verhalten werden von ihnen maßgeblich beeinflusst.
Dirigiert wird das Hormonorchester vom Gehirn. Hier ist es auch mit der nervalen Regulation verknüpft. Den Taktstock schwingt letztendlich die Hypophyse. Nebenbei pfeifen Adrenalin und ein paar Gewebshormone ihr eigenes Lied. Die Hormone des Körpers bewirken eine Rückkopplung zum Dirigenten und so ergibt sich ein selbst regulierendes System. Wohlbekannt ist der Komponist dieses großartigen Konzerts – es ist die Evolution.