Adventsnachmittag. Kerzenstille. Plötzlich brennende Tannenzweige! Aufspringen und Löschen sind eins. Dann – Herzklopfen, schnelles Atmen , Muskelanspannung und Schwitzen. Das war Adrenalin! Das kleine Molekül erzwingt, dass wir blitzschnell auf eine Gefahr reagieren. Und auch die dazu benötigte Energie wird gleich mitmobilisiert.
Adrenalin wird sowohl im Nebennierenmark als auch in Neuronen des vegetativen Nervensystems aus der Aminosäure Tyrosin auf Vorrat gebildet. Bei Schreck wird es ausgeschüttet und wirkt parallel als Hormon und als Neurotransmitter. Als Hormon der Nebennierenrinde gelangt über das Blut zu den Organen und aktiviert viele Reaktionsketten. Als modulierender Neurotransmitter vermittelt es an Synapsen, zusammen mit dem sehr ähnlichen Noradrenalin, die unbewusste Wirkung der Nerven auf die Organe.
Die breite Wirksamkeit des Adrenalins kommt durch unterschiedliche Rezeptoren zustande, die alpha-, und beta-Adrenorezeptoren. Die Rezeptorausstattung der Zellen verschiedener Organe unterscheidet sich stark. Doch so unterschiedlich sie auch sind, alle gehören zur heptahelikalen Rezeptorfamilie. Nicht verwunderlich also, dass die ersten Schritte sich immer gleichen: Ein Adrenalinmolekül bindet an einem Rezeptor und ändert dessen Struktur. Dadurch kann ein G-Protein genanntes Eiweiß gebunden und aktiviert werden. Da die unterschiedlichen Adrenorezeptoren der Zellen verschiedene G-Proteine binden, können nachfolgend unterschiedlichste Alarmketten gesteuert werden. Und das ist schon das generelle Prinzip – ein Protein aktiviert sofort das nächste. Zwar bindet ein Hormonmolekül nur an einen einzigen Rezeptor und der nur ein G-Protein, aber da in der nachfolgenden Kette viele der Proteine Enzyme sind, wird das Startsignal lawinenartig vervielfältigt. So werden in Sekundenbruchteilen vielfältige Prozesse ausgelöst, die unseren Schutz sichern.
Wichtiger Schauplatz dabei ist die Leber. Hier ist Glukose als Glykogen gespeichert. Bei Schreck wird Glukose freigesetzt und schnell über das Blut zu Hirn und Muskeln geschafft, um dort – ob zum Kampf, ob zur Flucht –Energie zu liefern. Und damit die Glucose nicht knapp wird, wird gleichzeitig ihre Neubildung intensiviert. Parallel wird im Fettgewebe die Energiereserve Fett mobilisiert. Um Zucker und Fettsäuren ordentlich verwerten zu können, benötigen die Zellen ausreichend Sauerstoff. Auch dafür sorgt Adrenalin. Es steigert die Atmung. Und das Herz-Kreislaufsystem wird so reguliert, dass sich der Herzschlag beschleunigt und der Blutdruck erhöht – so kann mehr Sauerstoff transportiert werden.
Doch die Wirkung von Adrenalin währt nur Minuten, denn es wird schnell wieder abgebaut. Vorher jedoch sorgt es rasch noch dafür, dass wir auch länger andauerndem Stress widerstehen können. Dazu steigert es die Synthese und Ausschüttung des Hormons Kortisol. Aber um schnell ein paar brennenden Tannennadeln zu löschen, reicht uns allein die Wirkung des Adrenalins.